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ausführlich zum Thema Kraft

Was folgte, waren drei wie nicht endende Jahre voller Ratlosigkeit und Frustration. Immer wieder war ich kurz davor, meinen Beruf als Harfenisten ganz aufzugeben. Die traurige Diagnose lautete “Fokale Dystonie”. Es handelt sich um eine Störung in der Wahrnehmung zwischen dem Gehirn und der Muskulatur. Bisher automatisch funktionierende Bewegungsabläufe lassen sich nicht mehr abrufen. In den Fingern kommt es zu krampfartigen Erstarrungen, die sich nicht willentlich auflösen lassen. Dieses

 

Gehören Sie vielleicht zu den ca. 1 Prozent

der von einer „fokalen Dystonie“ betroffenen Musiker, und fühlen sich von meiner Erfahrung angesprochen???

Geben Sie nicht auf! Informieren Sie sich ausgiebig über die neurowissenschaftlichen Hintergründe dieser komplizierten feinmotorischen Störung. Und: Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe dafür in Anspruch zu nehmen!

Das Bewusstwerden der eigenen Kraft hilft nicht nur im musikalischen Sinn.

Prof. Dr. med. Eckart Altenmüller vom „Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin“ in Hannover www.immm.hmtm-hannover.de – stellte mir nicht nur die genannte Diagnose sondern vermittelte mir auch gleichzeitig überaus wertvolle Kontakte zu:

Laurent Boullet – www.pianophysiology.com – einem Pianisten und physiologisch arbeitenden Klavierpädagogen,
   der seine eigene Dystonie erfolgreich überwand.

Joseph Quoidbach am Centre Médical du Trixhay, Lüttich – www.cmtsa.be – der speziell Musiker behandelt und dem
   es gelingt, deren Muskelverkrampfungen durch eine besondere und tiefgehende Massagetechnik zu lösen und neue Kräfte zu wecken.

Gerrit van de Klashorst (verst. 2017), dem Gründer der Dispokinese – www.dispokinesis.com verweist auf die Methode und eine umfassende Therapeuten Liste

„Neben der Praxis und Lehre bezüglich Haltung, Atmung und Bewegung

umfasst die Dispokinesis die Erfahrungs-, Bewusstseins- und Denkprozesse hinsichtlich der Sing-, Spiel- und Ausdrucksfähigkeit des professionellen Musikers. Disposition – oder: „die Gewissheit, gut disponiert zu sein“ – wird als Freiheit zum musikalischen Ausdruck im körperlichen, seelischen und geistigen Sinne, insbesondere unter Auftrittsbedingungen, verstanden. Durch die Vermittlung ihrer Kenntnisse und Übungen möchte die Dispokinesis vorbeugend wirken… und den Musikern und Musikpädagogen ein Repertoire von Selbsthilfemöglichkeiten weitergeben. Bei schon bestehenden Beschwerden soll sie durch ihre selbständig durchführbaren Übungen die Unabhängigkeit der Musiker von Therapeuten und Ärzten vergrößern und altersunabhängig funktionelle Defizite auf verschiedenen Ebenen beseitigen.“
Quelle: www.wikipedia.de/dispokinesis

„Bitte hören Sie jetzt auf zu üben!“ (Zitat Prof. E. Altenmüller, September 2007).

Da hatte er recht, denn das häufige Wiederholen des fehlerhaften Spiels führt zur Verfestigung der Störung. Eine Änderung der Spieltechnig ist leider durch Gedankenkraft nicht möglich.

Gut zwei Jahre beschäftigte ich mich also intensiv sowohl mit der Physiologie und Psychologie des Musizierens im Allgemeinen als auch im Besonderen des Harfe Spielens und beschloss damit meinen bisher traditionell verlaufenen Musikerberuf. Geradezu erleichtert folgte ich dem Rat des Facharztes: Ich löste mich von noch offenen Auftrittsverpflichtungen und gab das bisherige konventionelle Übemuster für etwa drei Monate komplett auf.

Die Krise erwies sich als Chance für einen Neubeginn.

Mit fast 40 Jahren wagte einen kompletten Neuanfang. Godelieve Schrama, ihr sei an dieser Stelle dafür herzlich gedankt, half mir trotz ihrer Meinung, dass es nicht zu schaffen wäre. Sie vermittelte mir eine ganz andere, die sogenannte französische Spieltechnik.

Aufgrund meiner gesteigerten Achtsamkeit für eine physiologisch sinnvolle Handhaltung lernte ich, meine Hände und Finger an den Saiten völlig neu wahrzunehmen. Mit anderen Worten: Ich lernte an dem mir vertrauten und geliebten Instrument „das Laufen“ noch einmal ganz neu. Ganz gewiss wäre dieser Neubeginn nicht in dem Maße geglückt, hätte ich nicht einen völlig neuen Fokus des Musizierens kennen gelernt.

Klang ist Bewegung – Bewegung ist Klang.

Diesen elementaren Zusammenhang lernte ich ich im 2006 Fach „Rhythmik“ kennen. Die Wechselwirkung zwischen Bewegung, Musik und Sprache faszinierte mich vom ersten Moment an. Mit  großer Neugier erfuhr ich ganz neue Inhalte und Anlässe für lebendiges Musizieren.

Meine Begeisterung war so groß, dass ich mich zur Teilnahme an der 2jährigen Weiterbildung zur „Rhythmikpädagogin“(www.bw-rhythmik.de) entschloss.

Darin entdeckte ich, dass die Musik aus dem eigenen Körper kommt. Die intensive Auseinandersetzung vergleiche ich gern dem Erlernen eines neuen Instrumentes. Dieses neue Instrument war ich.

Ich lernte außerdem:

• dass ich jeden gewünschten Ausdruck körperlich und gestisch ausdrücken kann
• die Überwindung meiner bis dahin großen Hemmung zur Improvisation 

Mit großer Erleichterung und Freude spürte ich, wie sich im Zeitraum von ca. 2 Jahren die krampfartigen Symptome zu einer wachsenden Spielfreude ohne Angst verwandelte. In der Übergangszeit übte ich mich ausschließlich im freien Spiel ohne Noten.

Nach und nach überwog schließlich (und endlich!!) die positive Kraft des inhaltlich bezogenen Musizierens, so dass ich mich heute wieder mit neu gefundener und selbst erarbeiteter Kraft jeglicher Literatur der Harfe widmen kann.

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